Tillmann Triest

Seit 2013 ist er freier Mitarbeiter bei battleROYAL Showproduktion (Projektmanagement) und an der Deutschen Oper Berlin (Dramaturgie & Junge Deutsche Oper). Er promoviert seit 2019 am Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth und ist Stipendiat der Stiftung der Deutschen Wirtschaft und der Akademie Musiktheater der Deutschen Bank Stiftung. Er studierte Kulturarbeit (B.A.) und Kulturmanagement & Kulturtourismus (M.A.) und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Projektarbeit, Dramaturgie und Audience Development. Neben freien Theaterprojekten führten ihn seine Wege bisher an das Staatstheater Kassel (Dramaturgie- und Regiehospitanzen und -assistenzen im Musiktheater, u. a. bei Paul Esterházy, Lorenzo Fioroni und Dominique Mentha), an das Hans Otto Theater Potsdam (Gründung TheaterScouts, Auszeichnung mit dem Ehrenamtspreis 2016), zu YOUNG EURO CLASSIC im Konzerthaus Berlin (Orchester- und Tourmanagement Berlin / Beijing) und als Lehrbeauftragter für Theater- und Kulturmanagement an die Fachhochschule Potsdam, an die Hogeschool van Amsterdam und an die Universität Bayreuth.

Heft 9

Musiktheater in der Krise? Positionen zwischen Institution und Ästhetik

Mai 2020

ISSN 2191-253X

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Oper in der Creative City

von Tillmann Triest

Zusammenfassung.

Die Creative City boomt – sie wird gefördert, gefeiert und vermarktet. Richard Florida identifizierte das „kreative Kapital“ einer Stadt als Motor für deren wirtschaftliches Wachstum. In London oder Berlin geht das auf. Doch dabei lösen sich immer mehr die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit auf. Die ursprünglichen vier Räume einer Stadt – Arbeit, Wohnen, Erholen und Transport – werden abgelöst von der intelligenten, vernetzten Stadt, in der Urban Gardening neben alternativen Wohnprojekten und Starbucks-Wohnzimmern gleichermaßen existieren. Die Konzepte der Smart City und Transition Town sind Ausdruck zweier Entwicklungen, die derzeit zu beobachten sind: Zum einen wird verstärkt eine Beschleunigung unseres Alltags und eine Veränderung unserer Gesellschaft wahrgenommen, andererseits zeichnet sich eine Bewegung der Entschleunigung und Nachhaltigkeit ab. Diese Entwicklungen schlagen sich auch räumlich nieder. In Amsterdam wurde zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Broedplaatsen Programm eingeführt, ein staatliches Förderprogramm für Kreativ- und Inkubationsräume, in Berlin wächst derweil das Holzmarkt-Areal, ein Quartier, in dem Natur, Wirtschaft, Kunst, Leben und Arbeiten aufeinandertreffen. Jene Orte lassen sich als Ray Oldenburgs „Third Places“ identifizieren, gesellschaftsstiftende und -stimulierende Orte, neben dem „First“ (=Zuhause) und „Second Place“ (=Arbeitsplatz). Galten jeher die klassischen Kultureinrichtungen wie Theater und Opernhäuser als gesellschaftliche Zentren einer Stadt, findet seit einiger Zeit eine Verschiebung statt. Welche Rolle bleibt den Theatern? Welche Rolle können und sollten sie einnehmen? Anhand empirischer Beobachtungen wird dem Platz von Theatern und Opernhäusern im Stadtbild nachgegangen und deren Position in der Gesellschaft verortet.

    

Opera in the Creative City

    

Abstract

Creative City is booming – it is being promoted, celebrated and marketed. Richard Florida identified the „creative capital“ of a city as the engine for its economic growth. It works in London or Berlin. But the boundaries between work and leisure are dissolving more and more. The original four spaces of a city – work, living, recreation and transport – are being replaced by the intelligent, networked city in which urban gardening exists alongside alternative residential projects and Starbucks living rooms. The concepts of Smart City and Transition Town are the expression of two developments that can currently be observed: On the one hand, an acceleration of our everyday life and a change in our society are increasingly perceived, on the other hand, a movement of deceleration and sustainability is emerging. These developments are also having a spatial impact. In Amsterdam, the Broedplaatsen programme was introduced at the beginning of the 21st century, a state support programme for creative and incubation spaces. In Berlin, meanwhile, the Holzmarkt area is growing, a quarter in which nature, business, art, life and work meet. These places can be identified as Ray Oldenburg's „Third Places“, places that create and stimulate society, next to the „First“ (=home) and „Second Place“ (=workplace). While classical cultural institutions such as theatres and opera houses have always been regarded as the social centers of a city, a shift has been taking place for some time now. What is the role of the theatres? What role can and should they play? Empirical observations are used to investigate the place of theatres and opera houses in the cityscape and to locate their position in society.